10.12.2024 - Bochum
Beim Bauen mit Beton werden Unmengen an CO2 freigesetzt. Zugleich fällt beim Abriss alter Bauten so viel Bauschutt an, dass das ganze Land darunter verschwinden müsste, wenn es so weitergeht. „Das können wir uns beides nicht leisten“, sagt Prof. Dr. Peter Mark. Er ist Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) 1683 „Interaktionsmethoden zur modularen Wiederverwendung von Bestandstragwerken“ an der Ruhr-Universität Bochum, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft für vier Jahre bewilligt hat.
Ziel
des Vorhabens ist es, die Betonteile alter Gebäude für neue wiederzuverwenden.
„Dieser Sonderforschungsbereich ist ein Musterbeispiel für die konkrete
Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, sagt Prof. Dr. Martin Paul, Rektor
der Ruhr-Universität Bochum. „Unser Motto ‚Built to change‘ könnte nicht besser
mit Leben gefüllt werden.“ Verlängert um eine weitere Förderphase wurde zudem
der Sonderforschungsbereich/Transregio 196 MARIE.
In Deutschland wurden seit 1945 unvorstellbare 16 Milliarden Tonnen Beton verbaut – mindestens. „Wenn man bedenkt, dass Häuser für eine Nutzungsdauer von rund 50 Jahren ausgelegt sind, Brücken für etwa 100 Jahre, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viele Gebäude in den kommenden Jahrzehnten abrissreif werden“, sagt Peter Mark.
Gleichzeitig werden neue Bauten benötigt, als Wohnhäuser, Bürogebäude, Brücken. Da liegt der Gedanke nahe, vorhandene Elemente alter Bauten für neue wiederzuverwenden – nicht etwa zu recyceln. „Beim Recycling werden Baustoffe zerkleinert und mit neuem Zement wieder zusammengefügt – das spart nur unwesentlich CO2 ein und geht außerdem zulasten der Tragfähigkeit“, sagt Dr. David Sanio, der das Team des Sonderforschungsbereichs koordiniert.
Den Forschenden schwebt stattdessen die Nutzung eines Baukastens vorhandener Elemente wie Decken, Wände, Stützen und Fundamente vor. Beispiele für diese Bauteile haben sie auf den Baustellen des Campus der Ruhr-Universität Bochum von den abgetragenen Gebäuden NA und GC bereits gesichert. An diesen Teilen nehmen sie umfangreiche Tests vor, zum Beispiel um ihre Tragfähigkeit zu ermitteln, mögliche Schäden und Alterungseffekte aufzuspüren und die Bauteile gegebenenfalls aufzuwerten. Schließlich müssen die neuen Bauten sicher sein.
Auch die Logistik wird Gegenstand der Forschung sein: Wie kann es gelingen, ein neues Gebäude aus alten Elementen zu bauen, die zeitlich und örtlich verfügbar sein müssen? Eine umfangreiche Lagerung von Elementen ist nicht vorgesehen. „Es wird ein komplettes Umdenken im Bausektor geben müssen“, ist Peter Mark überzeugt. „Aber es ist möglich und notwendig angesichts des Klimawandels.“
Kooperationspartner
Neben den Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und dem Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum sind an dem SFB Forschende der Universität Stuttgart, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin sowie des Karlsruher Instituts für Technologie beteiligt.
Seit 2017 werden im SFB/Transregio 196 MARIE – kurz für Mobile Material-Charakterisierung und -Ortung durch Elektromagnetische Abtastung – die Grundlagen für die Realisierung kompakter, mobiler, hochsensitiver Systeme erforscht, um die Materialeigenschaften nahezu beliebiger Objekte bestimmen zu können, selbst wenn diese hinter einer Wand verborgen liegen. So können auch Menschen in kontaminierten Räumen oder schmorende Kabel innerhalb von Wänden aufgespürt werden. Dafür müssen die Detektorsysteme sehr hohe Frequenzen bis in den Terahertzbereich abdecken.
Das MARIE-Team widmete sich bislang der Erforschung kompakter, energieeffizienter und leistungsstarker Terahertzsysteme. Dabei lag der Fokus zunächst auf einer statischen Laborphase gefolgt von einer mobilen Sensorphase. In der im Januar 2025 beginnenden dritten Förderphase erfolgt der Übergang in eine dynamische Umgebungsphase. Die Forschungsarbeiten reichen dabei von der Untersuchung innovativer Systemkonzepte zur Realisierung neuartiger integrierter Sensorsysteme unter Einsatz neuster Entwicklungen in Chiptechnologie und Mikrosystemtechnik bis hin zur Erforschung echtzeitfähiger Signalverarbeitungsalgorithmen für die mobile, dynamische Materialcharakterisierung und -lokalisierung.
Kooperationspartner
Geleitet wird MARIE von Prof. Dr. Thomas Kaiser als Sprecher, Leiter des Fachgebiets für Digitale Signalverarbeitung an der Universität Duisburg-Essen, und Prof. Dr. Ilona Rolfes, Leiterin des Lehrstuhls für Hochfrequenzsysteme an der Ruhr-Universität Bochum. Beteiligt sind zudem die Bergische Universität Wuppertal, die Technischen Universitäten Darmstadt und Dresden sowie die Fraunhofer-Institute für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (Duisburg) sowie für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (Wachtberg).
Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Fotos: Marquard / RUB, David Sanio
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