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Bayerische Ingenieurekammer-Bau fordert: Sanieren vor Neubau!

Kammerpräsident tritt bei Sachverständigenanhörung im Bayerischen Landtag für klimafreundliche Maßnahmen im Gebäudebestand ein

26.11.2024 - München

Bayerische Ingenieurekammer-Bau fordert: Sanieren vor Neubau!

Der Gebäudesektor hat in den vergangenen Jahren mehrfach seine Klimaziele verfehlt. Um hier endlich Fortschritte zu machen, ist das Bauen im Bestand ein entscheidender Hebel. „Die Öko-Bilanz des Bauens kann und muss verbessert werden. Klimafreundliches Bauen darf nicht länger teurer als konventionelles Bauen sein“, mahnt Prof. Dr. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, bei der Sachverständigenanhörung zum Thema "Bauen im Bestand" im Bayerischen Landtag am 26. November 2024.

Position

Sanieren vor Neubau muss zur Selbstverständlichkeit werden

Gegenüber dem Ausschuss Wohnen, Bau und Verkehr plädierte Gebbeken bei der Sachverständigenanhörung im Bayerischen Landtag dafür, die Lebenszykluskosten stets zur Entscheidungsgrundlage für oder gegen den Bau eines Gebäudes zu machen. Bei der Lebenszyklusbetrachtung wird die Energiebilanz über die komplette Nutzungsdauer des Gebäudes betrachtet – von der Herstellung der Baumaterialien und deren Transport über die Nutzung und Sanierung bis hin zum Rückbau und der Entsorgung. „Nur die Lebenszykluskosten sind ehrliche Kosten!“, sagt Prof. Gebbeken.

„Das Prinzip ;Sanieren vor Neubau‘ muss zur Selbstverständlichkeit werden. Der Abriss von Gebäuden sollte mittelfristig genehmigungspflichtig werden“, fordert der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau weiter. „Eine Abrissgenehmigung sollte nur erteilt werden, wenn eine Weiterverwendung des Bauwerks bzw. seiner Teile unter Erhaltung der grauen Energie technisch und/oder wirtschaftlich nicht möglich oder unzumutbar ist“.


Der Abriss von Gebäuden sollte mittelfristig
genehmigungspflichtig werden. 

Das Bündnis ‚Sustainable Bavaria‘, das die Bayerische Ingenieurekammer-Bau 2022 ins Leben gerufen hat, sieht Recycling und eine lebenszyklusbasierte Nutzung aller Baustoffe und Bauten als zwingende Voraussetzung für die Erreichung der gesetzlichen Klimaziele an. Dazu brauchen staatliche und kommunale Bauten Energiekonzepte, Material- und Bauteilkarten, Entsorgungs-, Recycling- und Weiternutzungskonzepte sowie Folgekostenberechnungen im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Für öffentliche Bauprojekte sollten Quoten zum Einsatz von Recyclingbaustoffen eingeführt werden. Diese Sekundärbaustoffe sowie Bauteile, die aus anderen Gebäuden rückgebaut wurden, sollten an bayernweiten Materialbörsen gehandelt werden, schlägt die Bayerische Ingenieurekammer-Bau vor.

Zugang zu Normen, Recyclingbaustoffe, Digitaler Gebäudepass

Gegenüber dem Ausschuss Wohnen, Bau und Verkehr des Bayerischen Landtags macht BayIka-Bau-Präsident Prof. Gebbeken noch folgende weitere Vorschläge zur Verbesserung des Bauens:

  • Technische Normen sowie Vorschriften des Bauordnungsrechts sollten unentgeltlich digital zugänglich sein. Dies gilt auch für historische Normen, um den Erhalt von Baudenkmälern zu fördern. Denn Denkmäler sind Klimaschützer.

  • Die Bauproduktenverordnung ist bislang zu kompliziert. Die Prüfinstitute könnten ihre Gutachten im Vier-Augen-Prinzip prüfen. Damit würde über die Zulassung von Bauprodukten schneller entschieden – und das weiterhin auf Basis höchster Fachkompetenz.

  • Die starre Trennung zwischen Wohnen, Infrastruktur, Grünflächen und Freizeit muss multifunktionalen Lösungen weichen.

  • Um den Flächenverbrauch zu reduzieren und eine klimafreundlichere Infrastruktur zu ermöglichen, sollte die Nachverdichtung im innerstädtischen Bereich stärker gefördert und mit klimagerechten Vorgaben verbunden werden.

Denkmäler sind Klimaschützer!
Deswegen sollte der Zugang zu
historischen Normen kostenfrei sein.

  • Um das Mikroklima zu verbessern und Starkregen zu kompensieren, sollten Gründächer und begrünte Fassaden in bestimmten Bereichen verpflichtend eingeführt werden.

  • Eigentümer sollten angehalten werden, Regenwasser vor Ort zu speichern oder zu versickern, um die städtische Kanalisation zu entlasten und das Stadtklima positiv zu beeinflussen.

  • Bei der Sanierung sollte der Einsatz von Wärmepumpen, Solarthermie und anderen CO₂-neutralen Heizmethoden gefördert und fossile Heizsysteme langfristig verboten werden.

  • Materialien wie Holz, Lehm oder Recyclingbaustoffe sollten bevorzugt eingesetzt werden. Entsprechende Anreize könnten dafür sorgen, dass ressourcenschonende Materialien den Vorzug vor energieintensiven Baustoffen erhalten.

  • Ein digitaler Gebäudepass, in dem alle verwendeten Materialien und Umbaumaßnahmen dokumentiert sind, ist das Gebot der Stunde. Nur so lässt sich der Bestand mit seiner grauen Energie realistisch bewerten.

Pressemitteilung zum Download

Foto: Tobias Hase


Weiterführende Informationen

Sanierung statt Neubau: Sachverständigenanhörung im Bauausschuss zum Thema „Bauen im Bestand“

Bayerische Ingenieurekammer-Bau mit Präsident Prof. Dr. Norbert Gebbeken bei der Anhörung am 26.11.2024 im Landtag vertreten

Sanierung statt Neubau: Sachverständigenanhörung im Bauausschuss zum Thema „Bauen im Bestand“

Der Bau von Gebäuden und die Herstellung der dafür verwendeten Materialien verursachen CO2-Emissionen und versiegeln Flächen. Bauen im Bestand hingegen setzt auf die Sanierung und Modernisierung bestehender Gebäude. Ist das eine Alternative? Darüber diskutierten acht Sachverständige, darunter auch Prof. Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr des Bayerischen Landtags. Fazit: Das Potenzial ist groß, die bürokratischen Hürden sind es allerdings auch.

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